Religion ist Privatsache, Glauben ist etwas Intimes, so sagen die einen. Religion ist politisch, sagen andere. Wie radikal und fanatisch eine solche Haltung gelebt werden kann, müssen wir mit Entsetzen gerade in Israel mit unvorstellbarer Brutalität und auf menschenverachtende Weise wieder miterleben. Aber Terrorismus – sogar vorgegeben im Namen Gottes – ist weder eine politische noch eine gläubige Haltung! Solch radikalisierte Bewegungen in vielen Religionen verursachen mehr Leid, als dass sie den Menschen Gottes Heil nahebringen.
Wo steht also die Religion? Gehört sie ins stille Kämmerlein unseres Herzens oder soll sie herausfordern, politisch (wohlgemerkt nicht fanatisch!) sein und sogar die Welt verändern? Auch Jesus steckt in einer Zwickmühle: Spricht er sich für das Zahlen der Steuern aus, gibt er den strenggläubigen Juden einen Grund ihn als Gotteslästerer anzuzeigen. Spricht er sich gegen die Steuerzahlung aus, ist er für die Römer ein Aufrührer. In beiden Fällen droht Jesus der Tod.
Darum ist seine Antwort nicht nur äußerst geschickt, sondern sie zeigt, dass er in größeren, ganz anderen Kategorien denkt als die Pharisäer und die Anhänger des Herodes mit ihrem Schwarz-Weiß-Denken. Der Kaiser und Gott, beide haben ihre Existenzberechtigung, sagt Jesus. Beide haben einen Bereich, der ihnen zukommt. In einer Zeit, in der Religion und Staat sich nicht trennen ließen, in der der oberste Repräsentant des Staates auch gleichzeitig oberster Religionsherr war, bringt Jesus durch diesen Hinweis eine neue, feine Trennlinie ein. Es gibt einen Bereich Gottes und einen Bereich des Kaisers. Beide sind nicht absolut voneinander getrennt, aber eben doch unterschiedlich. Der Kaiser ist als Lenker des Staates und dessen oberster Herr anerkannt. Doch über allem und in allem ist eben Gott gegenwärtig.
Wir Christen sollen als religiöse Menschen beides einüben und einbringen: unseren persönlichen Glauben und unser politisches Engagement. Als Christinnen und Christen haben wir den Auftrag, die Gegebenheiten und politische Haltungen und Strömungen immer wieder zu hinterfragen. Wir sind aufgerufen, uns einzumischen in unserer Welt und unserer Gesellschaft. Gottes Heil soll zu allen Menschen kommen. So ist Religion Privatsache (meine persönliche Beziehung mit Gott) und in der Gestaltung des Miteinanders in unserer Gesellschaft zugleich politisch (durch meine Haltung, in der ich die Welt und meine Beziehungen zu meinen Mitmenschen gestalte).
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag und ebenso eine gesegnete Woche!