In Erwartung
Man kann durch Kleidung etwas zum Ausdruck bringen, das nicht allein die eigene Persönlichkeit unterstreicht oder herausstellt. Man kann Botschaften vermitteln.
Die zentrale Gestalt des zweiten Adventssonntags fällt in dieser Hinsicht auf. Johannes der Täufer ist ein bemerkenswerter Mensch. Und seine Kleidung ist ein Zeichen. Aus Fellfasern, die wilde Kamele am Gestrüpp der Steppe verloren haben, und aus von Schlangen abgeworfenen Häuten macht er sich Gewand und Band. Er ernährt sich von Heuschrecken und Wildhonig. Aber worauf deutet dieses Zeichen hin? Was will Johannes vermitteln?
Vielleicht ist es eine Demonstration seiner Glaubwürdigkeit. Dieser Mann lebt einfach und zurückgezogen mitten in der Schöpfung. Er lässt sich von nichts Äußerem ablenken und braucht auch nichts mehr als schlichte Kleidung. Er versucht auf diese Weise Gott den größten Raum einzuräumen. Er will keinem anderen etwas schuldig sein und bleiben, außer Gott selbst. Johannes macht sich von nichts anderem abhängig als vom Wort Gottes und seinem Auftrag. Er ist nicht bestechlich. Er ist unabhängig von den religiösen Führern oder vielleicht sogar manchmal auch Verführern seiner Zeit. Johannes der Täufer hat die Botschaft Jesu noch nicht gehört, aber er verkündigt und positioniert sich, allein durch seine Lebensweise, die eine Ansage ist: Bekehrt euch, lasst euch waschen und reinigen, damit eure Sünden vergeben werden! Würden wir so radikal in einem Bußgottesdienst werben, würde wohl kaum noch einer kommen! Und doch bleiben Fragen: Erwarte ich ihn wirklich, den Messias? Sehnlichst, persönlich, so als ob mein Leben davon abhängt? Bin ich bereit mich von Gott reinigen, öffnen oder gar erneuern zu lassen, um wirklich bereit zu sein für die Begegnung – mit ihm, mit mir selbst und mit meinem Nächsten/meiner Nächsten?
Ich wünsche Ihnen eine nachdenkliche und besinnliche 2. Adventswoche!
Ihr Pfarrer Tobias Dirksmeier