Im Sonntagsevangelium hören wir von Maria und Marta. Beide begegnen Jesus, beide sind für ihn ganz da. Die eine arbeitet und kümmert sich so um Jesu Wohlergehen, die andere hört Jesus zu. So weit so gut. Schwierig wird es, als die „Arbeitende“ meint, nur sie verhalte sich richtig, die „Hörende“ solle es ihr doch gleichtun. Vielleicht hat auch die hörende Schwester gedacht, dass nur sie sich richtig verhält. Wir wissen es nicht – der Evangelist berichtet es nicht.
Aber wir verfallen bis heute in das gleiche Denken. Wie schnell halten wir unser eigenes Glaubensleben für den einzig richtigen Weg. Vielleicht stellt jemand den Gottesdienstbesuch zurück, weil dieser Jemand die Pflege der kranken Angehörigen als Nächstenliebe versteht und so Jesus nachfolgt. Vielleicht fühlt sich jemand berufen, sich in erster Linie im Umweltschutz zu engagieren, weíl das für diesen Jemand Bewahrung der Schöpfung Gottes ist. Vielleicht zieht sich jemand ganz zurück, betet, meditiert, schreibt aber Texte voller Trost.
Marta und Maria sind für mich die beiden Pole, zwischen den wir alle uns als Volk Gottes bewegen, der Pol des „nur Hörens“ und der Pol des „nur Tuns“. Jeder und jede ist wohl entweder dem einen oder dem anderen Pol näher. Schwierig finde ich, wenn das Glaubensleben des Nächsten beurteilt oder gar verurteil wird. Schwierig finde ich aber auch, wenn sich jemand konsequent nur noch dem einen oder dem anderen Pol verschreibt. Wenn jemand nur noch hört ohne zu tun. Wenn jemand nur noch tut ohne zu hören. Ich glaube, Christsein hat immer mit beidem zu tun, mit Hören und mit Tun, mit Marta und Maria.
Das habe ich in einem kurzen Text wiedergefunden, der nicht von mir stammt. Der Verfasser ist mir leider nicht bekannt:
Ora et labora. Bete und arbeite. Gib Marta UND Maria Platz. Diene und höre. Vertraue und pack an. Glaube und liebe.
Ihr/Euer Diakon Andreas Kirchner
