Befreit zum Leben
Was ist der Sinn des Lebens? Erfolg und Besitz, Gesundheit und langes Leben, Anerkennung, ein sicherer und gut bezahlter Arbeitsplatz, möglichst viel Spaß, glückliche Beziehungen, die Vermeidung allen Leids – und am besten gleich alles zusammen? Statt allgemein nach dem Sinn des Lebens, kann man auch nach dem letzten Ziel eines Lebens fragen. Manche Philosophen nennen als letztes Ziel eines Lebens: ein gelungenes Leben zu führen. Das bedeutet aus philosophischer Sicht: die persönlichen Möglichkeiten und Grenzen zu kennen, dazu Ja zu sagen und sich auf diese Weise mit dem eigenen Leben zu versöhnen; weder dauerhaft in der Vergangenheit noch in der Zukunft zu leben, also kein ständiges „Hätte ich nur …“ und auch kein „Wenn ich erst einmal …“. Nur in der Gegenwart – im Hier und Jetzt – leben. Und schließlich braucht es zu einem gelingenden Leben gute soziale Beziehungen, also Menschen, denen ich mich zugehörig fühle, sowie tiefe persönliche Beziehungen, das sind die Menschen, die ich liebe und von denen ich geliebt werde. Das sind Impulse zu einem gelungenen Leben, die durchaus des Nachdenkens wert sind.
Solche Gedanken waren auch schon zur Zeit Jesu bekannt. Allerdings ist die Antwort Jesu auf die Frage nach dem gelungenen Leben radikaler als bei den Philosophen. Jesus weiß auch um die Vergänglichkeit des Lebens, aber mehr noch weiß Jesus um die Gottesbedürftigkeit des Lebens. Und daraus zieht er eine radikale Konsequenz: Wer sein Leben allein an Weltliches hängt, der wird es verlieren. Wenn ich mein Leben also zu sehr oder gar ausschließlich an Irdisches hänge, dann kreise ich nur noch um mich selbst. Dann mache ich mich selbst zum letzten Ziel, dem ich alles andere unterordne: andere Menschen, die Welt – selbst Gott ordne ich dann meinem Leben unter. Ein unglaublicher Druck entsteht! Wenn Jesus uns deshalb auffordert, uns selbst zu verleugnen, dann möchte er, dass wir unsere Ich-Bezogenheit auf den Prüfstand stellen, sie gegebenenfalls aufgeben und von der Gegenwart Gottes zum Leben befreien lassen. Das letzte Ziel des Lebens ist ein von Gott zur Freiheit geführtes Leben. Dieser Weg des Glaubens führt in ein erlöstes und solidarisches Leben.
Über diese Gedanken zum Sonntagsevangelium hinaus, begrüße ich an diesem Wochenende herzlich Frau Karin Lücke als neue Pastoralreferentin in unserem Pastoralteam und unseren Kirchengemeinden. Zudem lade ich noch einmal ausdrücklich zum Besuch der Angebote im Rahmen unseres Projektes „Die bedrohte Schöpfung – Staunen und Handeln“ ein und danke für das vielfältige Engagement in der Vorbereitung, der Durchführung und der Sicherung von wichtigen und nachhaltigen Impulsen.
Ihr Pfarrer Tobias Dirksmeier