Ich will, dass ihr in Hoffnung geratet!
Hand aufs Herz: „Ist der persönliche Terminkalender in diesem Jahr wieder voller als in den letzten beiden Jahren?“ Oder ist und bleibt da Zeit für das, wozu uns der Advent herausfordert? Es geht an diesem Ersten Adventssonntag um nichts Geringeres als das Ende der Welt. Das Ende der Welt, so wie wir sie kennen. Christus kommt „mit großer Kraft und Herrlichkeit“. Ja, es wird uns überraschend treffen, warnt Jesus, während wir im Büro sitzen oder beim Bäcker einkaufen. Einfach so. Und nichts, aber auch gar nichts wird mehr so sein, wie es war oder wie wir es so schön geplant haben.
Aber glauben wir das? Wer von uns rechnet ernsthaft damit, dass das noch zu unseren Lebzeiten passiert, geschweige denn, bevor morgen früh wieder der neue Tag beginnt? Trotzdem ruft Jesus uns in diesem Advent wieder zu: „Haltet euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet.“
Das Problem mit dieser Ansage ist, dass sie schon 2000 Jahre alt ist – und wir warten immer noch. Darum ist uns Christen in der Wachsamkeit und Nah-Erwartung über die Jahrhunderte ein wenig die Luft ausgegangen. Wenn wir von Gericht und Vollendung sprechen, dann meist im Zusammenhang mit unserem Leben nach dem Tod, nicht davor. Dass Christus zeitnah und komplett die Dinge in dieser Welt vom Kopf auf die Füße stellen wird, werden wohl die wenigsten von uns in ihrer Tagesplanung mit einbeziehen. Was aber, wenn wir unsere Freude am Planen einmal sehr bewusst einsetzen würden? Wenn wir unsere himmlischen Erwartungen einmal fest in diese Welt mit einplanen würden? Gottes Reich ist schließlich schon angebrochen! Was, wenn uns in diesem Sinne die Ungeduld packen würde? Was, wenn wir in der kommenden Woche jeden Tag wirklich damit rechnen würden, dass morgen schon alles anders sein könnte? Und völlig aus der Luft gegriffen ist eine solche Erfahrung doch seit Beginn dieses Jahres überhaupt nicht mehr.
Wenn nicht jetzt mit der Gegenwart Gottes in unserem Leben rechnen, wann denn bitte dann? Was, wenn wir wirklich inständig den Himmel bestürmen und Gott darum bitten den Himmel aufzureißen und Frieden und Hoffnung herabregnen zu lassen, in unseren Alltag in unsere Beziehungen? Was wäre, wenn wir in diesem Advent wirklich in Hoffnung geraten würden, dass sich Dinge ändern werden, sogar durch uns, weil wir anders denken, anders sprechen, anders leben?
Einen in diesem Sinne besinnlichen Advent wünscht Ihnen
Ihr Pfarrer Tobias Dirksmeier